Joukowskiprofil mit Stromlinien

 

 

Vor etwa einer Woche stolperte ich über eine alte Telefunken Applikationsschrift, in welcher die Erzeugung sogenannter Joukowskiprofile mit sie umströmenden Stromlinien behandelt wurde. Dies erinnerte mich an einen interessanten Abschnitt im Buch "Imcompressible Aerodynamics" von Bryan Thwaites (Dover Books, 1987), in welchem die grundlegenden Techniken der Anwendung sogenannter konformer Abbildung auf Fragestellungen aus dem Gebiet der Aerodynamik behandelt werden.

Mir schien die Generierung derartiger Profile mit zugehörigen Stromlinien ein ideales Anwendungsbeispiel für meine wundervollen Telefunken RA 770 zu sein. Das obenstehende Bild vermittelt einen Eindruck des analogen Teiles des Joukowski-Programms (ein wenig digitale Logik ist notwendig, um einen Iterationsprozess sowie die wechselweise Darstellung von Profil und Stromlinien zu steuern).

Die Grundidee eines Joukowskiprofiles ist vergleichsweise einfache - es beruht auf einer bestimmten konformen Abbildung eines Kreises. Mit Hilfe dieser Abbildung können auch Stromlinien um einen unendlichen langen, rotierenden Zylinder transformiert werden, so dass sich Stromlinien um das Joukowskiprofil ergeben.

Die vier untenstehenden Bilder zeigen einige Impressionen der Rechenschaltung. Die Farbe der verwendeten Verbindungsleitungen zeigt die Unterteilung des Programmes in verschiedene Teilrechenschaltungen. Die rote Teilrechenschaltung auf der linken Seite generiert den zugrundeliegenden Kreis, der die Basis des Profils darstellt. Der blaue Programmteil erzeugt die Stromlinien um den bereits erwähnten rotierenden, unendlich langen Zylinder, während der grüne Abschnitt die konforme Abbildung implementiert (die schwarzen Teilrechenschaltungen stellen die in den verschiedenen Bereichen benötigten Dividierer dar).

Das Bild zur Linken zeigt ein Seitenpaar meines Notizbuches, anhand derer die Entwicklung des Programmes zu erkennen ist. Die Teilrechenschaltung in der oberen Hälfte der linken Seite erzeugt die Stromlinien um den Zylinder, während die rechte Seite Elemente der digitalen Ablaufsteuerung zeigt.

Das vollständige Programm ist im Bild links zu sehen. Es besteht aus sieben Teilen:

  • Erzeugung eines Kreises: Dies geschieht mit Hilfe der oben links dargestellten Teilrechenschaltung, welche die einfache Differentialgleichung y''=-y löst (mit einigen Vorkehrungen zur Stabilisierung). Dieser Kreis bildet die Grundlage für die Profilerzeugung.
  • Die zentrale konforme Abbildung ist in der Mitte der linken Seite zu sehen. Als Eingaben erhält sie entweder die X-/Y-Komponenten des kreises oder die entsprechenden Koordinaten einer den Zylinder umströmenden Stromlinie.
  • Ein schneller repetierender Integrierer, dessen Ausgabewert als X-Eingang für den Stromliniengenerator verwendet wird. Ein einzelner Integrationslauf dauert 5 ms und wiederholt sich alle 10 ms, so dass pro Sekunde 100 Stromlinien berechnet werden!
  • Ein weiterer Integrierer, der auf der linken Seite unten dargestellt ist. Dieser Integrierer steuert die Erzeugung von 16 nebeneinander liegenden Stromlinien und wird nach 16 Integrationszyklen auf seinen Anfangswert zurückgesetzt (gesteuert durch den Digitalteil der RA 770).
  • Die rechte Seite zeigt oben die beiden Boolschen Ausdrücke fü die Steuerung der RUN- und HALT-Eingänge dieses Integrierers.
  • In der Mitte der rechten Seite findet sich die Teilrechenschaltung zur Erzeugung der eigentlichen Stromlinien um den bereits erwähnten rotierenden, unendlich langen Zylinder.
  • Wie bereits erwähnt, wird eine einzige konforme Abbildung sowohl zur Transformation des Kreises auf das Joukowskiprofil als auch zur Transformation der oben berechneten Stromlinien um dieses herangezogen. Aus diesem Grunde muss der Eingang dieser Transformation periodisch zwischen den Werten des Kreises und denen der Stromlinien umgeschaltet werden, was mit Hilfe zweier elektronischer Schalter geschieht, die von einem 10 ms Taktsignal des Digitalteils der RA 770 angesteuert werden.

Das Bild zur Linken zeigt die digitale Rechenschaltung, die mit Hilfe des Einschubes DZ 772 der RA 770 umgesetzt wurde. Die beiden roten Verbindungsleitungen, die mit den braunen Buchsen im linken oberen Teil verbunden sind, steuern die beiden Komparatorschalter mit dem erw&auuml;hnten 10 ms Taktsignal an. Die beiden roten Leitungen in der Bildmitte steuern den erstgenannten repetierenden Integrierer, während der Rest des Programmes den iterierenden Integrierer steuert, der für die Erzeugung von 16 verschiedenen Stromlinien benötigt wird.

Das rechts stehende Bild vermittelt einen Eindruck des laufenden programmes, dessen Ausgabe auf dem eingebauten Oszilloskop des Typs OMS 811 dargestellt wird.

Links ist das generierte Joukowskiprofil zu sehen - für diese Aufnahme wurden die Komparatorschalter deaktiviert, so dass nur das Profil berechnet wird, dessen Form interaktiv durch Verstellen der betreffenden Koeffizientenpotentiometer geändert werden kann.

Rechts ist das gleiche Profile mit einer einzelnen Stromlinie zu sehen, deren Y-Position manueller Kontrolle unterliegt. Der Anströmwinkel dieser Stromlinie ist gut links zu sehen - die Tragfläche taucht von oben - quasi im Sinkflug - in das inkompressible Medium ein.

Mit Hilfe des iterierenden Integrierers kann eine ganze Familie von 16 Stromlinien um das Profil generiert und dargestellt werden. Hierbei wird das Profil selbst in der ersten Hälfte eines 10 ms Taktzyklus dargestellt, während in der zweiten Hälfte jeweils eine Stromlinie gezeichnet wird.

Die beiden kurzen Videos unten zeigen beide Betriebsmodi der gesamten Rechenschaltung. Links (8 MB) wird eine einzelne Stromlinie manuell hinsichtlich ihrer Y-Position und ihres Anströmwinkels kontrolliert, während rechts eine Familie von 16 Stromlinien automatisch dargestellt wird.

Zu guter Letzt vermittelt der kurze Film auf der rechten Seite einen Eindruck des verwendeten Telefunken RA 770 Analogrechners.

Ein kurzes Video, das die Erzeugung eines Joukowski-Profils sowie die Simulation der Stromlinien demonstriert (ca. 5 Minuten), findet sich hier:

 

01-DEC-2007, 22-DEC-2008, 13-OCT-2010, ulmann@analogmuseum.org