Die EAI-2000

 

Die EAI 2000

Einleitung

Die EAI 2000 ist einer der schönsten Analogrechner in meiner Sammlung - das System stammt aus den späten 1970er Jahren und ist ein schönes Beispiel für den Höhepunkt des elektronischen Analogrechnens kurz vor dem beinahe vollständigen Verschwinden dieser Technologie.

 

Das System an sich - eine Bildergalerie

  • Das folgende Bild zeigt die vollständige EAI 2000: Die linke Seite des Systems enthält 24 Handpotentiometer, einen 6800-basierten Digitalrechner (CSI genannt), Schaltungen zur Funktionsgenerierung, digitale Abschwächer, die Stromversorgung etc.

    Die rechte Hälfte der Maschine enthält den Großteil der analogen Rechenelemente - auf der Vorderseite befindet sich das austauschbare Steckfeld.

  • Das folgende Bild zeigt die Rückansicht der Handpotentiometereinheit. Gut zu erkennen sind die Zehngangpotentiometer, welche die Einstellung von Koeffizienten im Bereich von +1 bis -1 (!) erlauben. Weiterhin enthält die gedruckte Schaltung unter den Potentiometern die notwendige Anwahlelektronik, mit deren Hilfe der Ausgang jedes Potentiometers auf einen Readoutbus geschaltet werden kann - ein Verfahren, das in allen Rechenelementen der EAI 2000 zum Einsatz gelangt.

  • Die Erzeugung aller für den Betrieb des Analogrechners notwendigen Steuersignale (keine einfache Aufgabe, wenn man beispielsweise an iterierenden Betrieb denkt), obliegt einem kleinen Mikroprozessor auf Basis eines 6800-Chips. Dieser Rechner befindet sich in der linken Hälfte des Systems und verfügt über 15 kB EPROM und 2 kB RAM. Das Bild unten zeigt die Backplane dieses Mikroprozessorsystems.

  • Die Backplane des analogen Teiles der EAI 2000 ist im untenstehenden Bild zu erkennen. Die Flachbandkabel werden nicht nur für digitale Signale, sondern auch für die Übertragung analoger Signale genutzt.

  • Um die Verbindungen zwischen den einzelnen analogen Rechenelementen kurz zu halten, sind alle diese Einheiten auf vergleichsweise langen Karten untergebracht, die an ihrer Vorderseite die nötigen Kontaktfedern tragen, über welche die Verbindungen mit dem Steckfeld hergestellt werden, wie in dem Bild unten gut zu erkennen ist:

  • Das letzte Bild zeigt einen Eindruck der digitalen Steuerung dieses Hybridsystems - die zentrale Operatorkonsole ist grob in drei Abschnitt unterteilt:

    • Der oberste Bereich dient der Anzeige des jeweils zum Auslesen angewählten Rechenelements sowie des ausgelesenen Wertes (sowohl analog als auch digital). In diesem Bild wurde das Element mit der Adresse A000 ausgewählt, das eine Ausgangsspannung von +0.0017 Maschineneinheiten aufweist. Anhand der Typanzeige ist zu erkennen, dass es sich hierbei um einen Integrierer handelt.
    • Der zweite Bereich dient zur Steuerung der EAI 2000. Im Bild unten ist zu sehen, dass sich der Analogrechner im Zustand QT (kurz für Quiescent State) befindet, während die Logikelemente im Zustand CL (Cleared) sind. Die Zeitskala der Integratoren ist auf 1 gesetzt (E0).
    • Der dritte Bereich zeigt Statusinformationen zu allen analogen und digitalen Rechenelementen an und kann durch eine Reihe von Kommandos konfiguriert werden.

 

Zustand nach dem ersten Einschalten:

  • Die Ventilatoren liefen an, die Konsole piepste ohne Unterlass und auf dem Display waren nur Buchstabenbrösel zu sehen, die sehr an den Film Matrix erinnerten. Offenbar funktionierte irgendetwas nach der langen Zeit, während derer die Maschine nicht betrieben wurde, grundlegend nicht mehr.

    Um den Fehler eingrenzen zu können, entfernte ich alle Karten, die nicht unbedingt für den Betrieb der Maschine notwendig sind, d.h. alle analogen Recheneinheiten, das DVM-Board, die digitalen Koeffizientenpotentiometer etc., was aber leider nichts am Erscheinungsbild des Fehlers änderte - auf der Konsole waren immer noch nur Brösel zu erkennen, und die Tastatur reagierte ebenfalls nicht.

    Ein Test der Betriebsspannungen förderte dann schnell die Fehlerursache zu Tage: Anstelle von -5 V, die für den Prozessor beziehungsweise die ROMs und RAMs benötigt werden, standen nur etwa -2.3 V zur Verfügung. Nach dem Entfernen aller noch vorhandenen Karten änderte sich an diesem Wert nichts, so dass der Fehler offensichtlich im Netzteil selbst zu suchen war.

    Glücklicherweise ist die Stromversorgung der EAI 2000 sehr konservativ aufgebaut - jede Ausgangsspannung wird von einem eigenständigen, nicht monolithischen Linearregler geliefert, der im Wesentlichen aus einem Operationsverstärker, einer Darlingtonstufe und einer Schutzschaltung besteht, die eine Foldbackkennlinie und einen Crowbarschalter implementiert und bei Überlast bzw. -spannung aktiviert wird.

    Meine erste Vermutung, dass der Fehler in der Überspannungsschutzschaltung zu suchen sei, erwies sich als nicht korrekt - vielmehr zeigte sich schnell, dass das Zehngangpotentiometer, das zur Einstellung des Linearreglers dient, schlicht und einfach defekt war. Nach Austausch und Neusteinstellung dieses Potentiometers stand die Ausgangsspannung von -5 V auch wieder in voller Höhe zur Verfügung.

    Im Anschluss hieran konnten alle zuvor entfernten Karten des Mikrocomputers wieder eingesetzt und die Maschine erneut eingeschaltet werden. Auf den ersten Blick war das System wieder betriebsbereit, bis sich nach einigen Minuten ein Flackern auf dem Konsolbildschirm zeigte, der danach ständig zwischen der korrekten Anzeige und völligem Unfug hin und her schwankte, d.h. es war noch ein weitere Fehler vorhanden.

    Nachdem kurzes Nachmessen zeigte, dass auch während des Auftretens dieses Fehlers alle Versorgungsspannungen in richtiger Höhe und ohne Brumm vorlagen, und sich der Fehler zudem durch Rütteln provozieren ließ, lag der Verdacht nahe, dass es sich entweder um eine schlechte Lötverbindung oder einen Steckverbinder mit schlechter Kontaktgabe handeln könnte (Probleme, die ich beispielsweise auch bei meinen Telefunken Tischanalogrechnern erlebt habe). Der Einfachheit halber entfernte ich zunächst alle Karten des Microcomputers und entfernte alle gesockelten ICs.

    Nach dem Wiedereinsetzen der ICs sowie der Karten lief die Maschine wieder stabil und auch nach einem längeren Testlauf zeigte sich kein weitere Ausfall des Digitalteiles, so dass im nächsten Schritt die analogen Rechenelemente wieder eingebaut werden konnten. Seitdem läuft die EAI 2000 klaglos, und das Einzige, was noch zu tun bleibt, ist eine Rekalibration der Rechenverstärker, da die Integrierer aufgrund der fehlenden Nullpunkteinstellung der Verstärker schnell davonlaufen.

 

Ein Beispiel

  • Zur Verdeutlichung des Einsatzes einer Maschine wie der EAI 2000 wird im Folgenden die Darstellung eines langsam rotierenden Kreises auf einem Oszilloskop gezeigt.

    Der Aufbau gestaltet sich wie folgt: Zwei Integrierer und ein Summierer sind hinter einander geschaltet, um die DGL y''=-y zu lösen (hieraus ergibt sich direkt ein Sinus-/Cosinus-Signalpaar). Die Zeitkonstante dieser beiden Integrierer wurde zu 0.001s gewählt, um Ausgangssignale mit einer Frequenz von 1 kHz zu erzeugen.

    Eine zweite Teilschaltung gleicher Struktur dient mit deutlich größerer Zeitkonstante dazu, ein zweites Sinussignal mit einer Frequenz von nur 1 Hz zu erzeugen.

    Ein Ausgangssignal der ersten Teilschaltung wird direkt auf den Y-Eingang eines Oszilloskops geschaltet, während das zweite Ausgangssignal dieser Schaltung zusammen mit dem Ausgangssignal der zweiten Teilschaltung einem Multiplizierer zugeführt wird, dessen Ausgang mit dem X-Eingang des Oszilloskopes verbunden ist. Das untenstehende Bild zeigt die Gesamtschaltung:

    Im Prinzip beschreiben die beiden um 90 Grad phasenverschobenen Ausgangssignale der ersten Teilrechenschaltung einen Einheitskreis. Durch Multiplikation eines dieser beiden Signale mit einem wesentlich niederfrequenteren Sinussignal ergibt sich auf dem Oszilloskop der Eindruck eines langsam um seine Hochachse rotierenden Kreises.

    Das Ergebnis kann in folgendem Video betrachtet werden (der Kreis ist leicht verformt, was auf die verstellten Rechenverstärker zurückzuführen ist.

Handbuch

  • Das vollstaendige Handbuch zur EAI-2000 findet sich hier (Achtung: 98 MB!).

Gesucht...

  • Meine EAI 2000 ist leider nur zu etwa einem Drittel mit Analogmodulen ausgerüstet, was ausgesprochen schade ist. Falls jemand Module für diesen Rechner hat, für die ein gutes neues Zuhause gesucht wird, würde ich mich sehr freuen, sie unter meine Fittiche zu nehmen. Gleiches gilt für Dokumentation, Schaltpläne usf.

 

29-AUG-2003, 26-JAN-2008, 29-DEC-2009, 18-SEP-2010

ulmann@analogmuseum.org