Ein Vierkanal-X/Y-Oszilloskopmultiplexer

 

Obwohl ich einige Tektronix Oszilloskope mit passenden Einschüben besitze, mit deren Hilfe beispielsweise eine Vierkanaldarstellung möglich ist, wollte ich stets ein quasi "echtes" Vierkanaloszilloskop besitzen, das über vier getrennte X- und Y-Kanäle verfügt, um mit seiner Hilfe bis zu vier voneinander unabhängige Figuren während eines Simulationslaufes darstellen zu können.

Ein derartiges Gerät ist ausgesprochen praktisch in Verbindung mit einem elektronischen Analogrechner, da hiermit beispielsweise mehrere gekoppelte, schwingende Massen gleichzeitig dargestellt werden können etc. Solche Anforderungen führten beispielsweise zur Entwicklung des Zweikanaloszilloskops OMS 811 von Telefunken.

Obwohl ich stolzer Besitzer eines solchen OMS 811 bin, empfand ich die Möglichkeit, nur zwei X-/Y-Kanäle darstellen zu können, als zu einschränkend, so dass ich mich entschloss, einen eigenen Multiplexer zu entwickeln, um mit einem handelsüblichen Oszilloskop bis zu vier Kanäle darstellen zu können.

Die Frontplatte des fertigen Gerätes ist später zu sehen - das folgende Bild wurde während der Kalibration des Multiplexers aufgenommen (leider ist es ein wenig unscharf geworden). Dargestellt sind vier Lissajous-Figuren, die gleichzeitig angezeigt werden.

Die Grundstruktur des Multiplexers ist einfach, obwohl es eines der aufwändigeren Projekte der letzten Zeit war, die ich umgesetzt habe, was nicht zuletzt auf den vergleichsweise hohen Verdrahtungsaufwand zurückzuführen ist, der durch die vier X-/Y-Kanäle bedingt wurde:

  • Auf der Frontplatte befinden sich vier X- beziehungsweise Y-Eingänge in Form von 4 mm-Bananenbuchsen, die zudem auf einen 15-poligen SUB-D-Stecker an der Geräterückwand herausgefürt sind. Mit Hilfe eines Schalters kann zwischen den Eingängen an der Frontplatte beziehungsweise der Rückseite umgeschaltet werden, was mit Hilfe zweier vielpoliger Relais geschieht, die sich im Signalpfad befinden. Die Buchsen auf der Frontplatte werden für den Betrieb als Einzelgerät verwendet, w&auuml;hrend die Buchse auf der Rückseite einen Betrieb innerhalb eines größeren Analogrechnersystems erlaubt, bei welchem die Eingänge in einem zentralen Steckfeld zusammengefasst werden.
  • Jeder der acht Eingänge wird zunächst einem Zehngang-Präzisionspotentiometer zugeführt, dessen Ausgang einen Impedanzwandler ansteuert, um für eine konstante und vernachlässigbare Last an den Potentiometern zu sorgen, was einen linearen Abschwächungsverlauf ermöglicht.
  • Diesen Impedanzwandlern ist jeweils ein Operationsverstärker mit einer festen Verstärkung von 10 nachgeschaltet, mit dessen Hilfe zudem ein Positionssignal aufgeschaltet werden kann, um eine Verschiebung der Figur entlang der jeweiligen Koordinatenachse zu ermöglichen.
  • Nun schließt sich der eigentliche Multiplexer, ein MAX 355, an, bei dem es sich um einen Dual-4:1-Multiplexer handelt. Angesteuert wird dieser Multiplexer von einem Binärzäler, wobei seine beiden Ausgänge zwei Ausgangsstufen, bestehend aus OP27 Operationsverstärkern, ansteuern, mit deren Hilfe die X-/Y-Eingänge des zur Darstellung verwendeten Oszilloskops angesteuert werden.
  • Ein wenig Intelligenz steckt in der Ausblendlogik, da ich nicht wollte, dass die Anzahl aktiver dargestellter Kanäle die Helligkeit der Bildschirmdarstellung beeinflusst. Mit Hilfe dieser Steuerlogik kann die Anzahl der dargestellten Kanäle von eins bis vier eingestellt werden.

Das Bild zur Linken zeigt die Frontplatte des Gerätes. Von links nach rechts finden sich hier die folgenden Bedienelemente:

  • 12 Bananenbuchsen (5 mal GND, 4 mal X, 4 mal Y, 1 Eingang zum dunkeltasten des Oszilloskops während Rechenpausen etc.).
  • Vier grüne LEDs zur Anzeige der aktiven Kanäle. Eine gelbe LED zeigt an, wenn das Oszilloskop dunkelgetastet ist.
  • Drei BNC-Buchsen, an welchen die X-, Y- und Z-Ausgänge des Multiplexers zum Oszilloskop anliegen.
  • Ein Drehschalter mit vier Stellungen zur Auswahl der Anzahl aktiver Kanäle.
  • Vier Gruppen von jeweils zwei Zehngang-Potentiometern zur Signalabschwächung der Eingangssignale sowie jeweils zwei Einfachpotentiometern zur Positionseinstellung.
  • Der Netzschalter mit zwei LEDs zur Überprüfung der beiden Betriebsspannungen sowie ein Schalter zur Umschaltung zwischen den Eingängen an der Frontplatte beziehungsweise denen an der Rückseite des Gerätes.

Die obenstehenden Bilder geben einen Eindruck des notwendigen Verdrahtungsaufwandes der Multiplexers.

Das rechts dargestellte Netzteil ist ausgesprochen einfach. Verwendet wurde ein Ringkerntransformator mit zwei Ausgängen zu je 18 V bei 800 mA, die nach entsprechender Gleichrichtung drei integrierte Spannungsregler 7815, 7915 sowie 7805 versorgen. Der Gleichrichter ist extrem überdimensioniert, was seinen Grund darin hat, dass zum Zeitpunkt des Aufbaus gerade kein anderer greifbar war.

Im Bild links sind die beiden Eingangsselektorrelais dargestellt - glücklicherweise fand ich in meiner Bastelkiste zwei Relais mit je sechs Umschaltern, von denen neun benötigt wurden.

Die beiden obenstehenden Bilder zeigen die Platine mit der eigentlichen Multiplexerschaltung (Bestückungsseite links, Verdrahtungsseite rechts). Neben der VG-Steckerleiste finden sich die Operationsverstärker, die Kalibrationspotentiometer sowie der integrierte Multiplexerbaustein. Die andere Hälfte der Platine wird von der Dunkeltastlogik sowie der Multiplexeransteuerung belegt.

Einen Eindruck des Gesamtaufbaus gibt das rechtsstehende Bild. Die rechte Hälfte des Einschubes beinhaltet das Netzteil, während die linke Hälfte die eigentliche Multiplexerelektronik sowie die Eingangsselektorrelais aufnimmt (das Bild wurde während des Aufbaus aufgenommen, woher auch die zusätzlichen Kabel rühren).

Die Rückseite des Gerätes ist links dargestellt. Neben der Netzbuchse befinden sich drei BNC-Buchsen mit den Ausgangssignalen sowie die bereits erwähnte 15-polige SUB-D-Buchse mit den Eingangskanälen.

Rechts dargestellt ist der Multiplexer während der Kalibrationsphase. Da der MAX 355-Multiplexer einen nicht zu vernachlässigenden Innenwiderstand aufweist, muss dieser mit Hilfe der beiden Ausgangsverstärker OP27 kompensiert werden. Der Abgleich erfolgte mit einem 1 kHz-Sinus-Signal mit einer Amplitude von 2 Vpp für alle X-/Y-Kanäle.

Die vier obenstehenden Bilder zeigen den Effekt des Multiplexers mit von eins bis vier variierter Kanalanzahl. Beachtenswert ist hier, dass die Helligkeit der Bildschirmdarstellung nicht von der Anzahl aktiver Kanäle abhängig ist.

Das obenstehende Bild zeigt die Schaltung des Netzteils, an der nichts bemerkenswertes ist. Die beiden Signale +POS und -POS dienen zur Versorgung der Potentiometer zur Verschiebung der Nullpunktlage der einzelnen Kanäle. Die beiden dargestellten Relais sind die Eingangsselektorrelais.

Die Schaltung des Multiplexers selbst ist ebenfalls recht einfach - zu beachten ist nur, dass die dargestellte Eingangsschaltung insgesamt acht mal benötigt wird. Die 50k-Zehngangpotentiometer im Rückführungszweig der OP27 Operationsverstärker dienen zur Kalibrierung der Signalzugverstärkung.

Das Bild oben zeigt die Taktgenerierung auf Basis eine astabilen Multivibrators mit NE 555, der wiederum einen zweistufigen, aus als T-Flipflops geschalteten JK-Flipflops ansteuert. Die Q-Ausgänge steuern den Multiplexer an, während die invertierten Ausgänge zur Steuerung der Dunkeltastlogik dienen.

Die oben dargestellte Dunkeltastlogik erzeugt ein geeignetes Austastsignal zur Unterdrückung des Strahls des Oszilloskops während der Umschaltung von einer Kanalgruppe zur nächsten. Darüberhinaus können auch ganze Kanalgruppen unterdrückt werden, wenn weniger als vier aktive Kanäle ausgewält wurden, um zu verhindern, dass die Helligkeit der Darstellung von der Kanalanzahl abhängt.

Der Ausgangstreiber OP27 dient zur Aufbereitung des Austastsignals an den Z-Eingang des jeweils verwendeten Oszilloskops. Mit Hilfe des Potentiometers können Polarität und Pulshöhe angepasst werden.

 

 

ulmann@analogmuseum.org

09-OCT-2006, 26-JAN-2008, 21-DEC-2008